Obvara

Alte Schätze, historische Techniken und Fragen nach dem "Wie war das damals?"
tonfix
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Obvara

Beitrag von tonfix »

Hallo Allerseits und frohe Ostern!
Kennt sich jemand mit der Technik Obvara aus? oder hat schon damit gearbeitet?
Mich würd interessieren wie hoch der Ton gebrannt werden darf oder muss und wie die chemikalischen Abläufe bei dieser Technik sind?
Dabei wird der heiße Scherben ja in ein Mehl-Wasser-Gemisch getaucht um die Oberfläche zu schließen...kann mir Jemand erklären was da genau passiert? Und in wieweit die Oberfläche nacher dichter sein soll?
Hab beim googeln noch nichts wirklich Brauchbares gefunden...
Vielleicht weiß ja jemand Bescheid?
herzlichen Dank und liebe Grüße!
Tonfix
Gasbrenner
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Re: Obvara

Beitrag von Gasbrenner »

Angeblich handelt es sich hierbei um eine alte Technik, welche ursprünglich dazu diente, poröse Keramikgefäße abzudichten.
Hierzu wird ein dünner Teig aus Mehl, Wasser, Hefe angerührt. Bisweilen wird heute auch Zucker als Hefefutter hinzugefügt.
Das Gefäß wird dann bei Temperaturen wie bei RAKU in den Teig getaucht und zügig wieder entnommen. Der Teig bildet auf der heißen Oberfläche eine Schicht, die sich am Scherben weitgehend in Kohlenstoff umsetzt und die Poren schließt.

Wir können heute über Dichtbrand oder gute Glasuren dichte Keramik produzieren. Das war bis in die frühe Neuzeit in Europa nicht möglich. Weil aber dichte Gefäße gebraucht wurden, musste man sich etwas ausdenken. Es gab eine Vielzahl von Techniken um gebrannte Keramik mit Wachs, Ölen, Harzen etc. nachträglich zu versiegeln. Wirklich zuverlässige Glasuren gab es wenige. In wenigen Gegenden wurden ´Brenntechniken beherrscht, bei denen Öfen unter Wasserdampfatmosphäre in Extremreduktion so gebrannt wurden, dass der Scherben komplett mit Kohlenstoff infiltriert, sehr fest und, wenn der Ton optimal passte, ziemlich dicht wurden. Das waren wunderschöne Stücke mit einer schwarz-silbrigen Oberfläche. Das gelang aber nicht mit jedem Rohstoff und die Technik war nicht einfach zu beherrschen. Somit wurde viel rumprobiert und die Obvara Technik bietet da schon einige Vorteile z.B. gegenüber dem RAKU oder dem Eintauchen von heißer Keramik in Milch oder Öl. Der Teig mit Hefeblasen bildet um den heißer Scherben schnell eine Isolierschicht, so dass er beim Eintauchen keinen so massiven Temperaturschock erleidet. Anders als bei RAKU lässt sich auch die Gefäßinnenseite gut beschichten, was für den Dichtbrand immer effektiver ist, als die Außenseite zu beschichten

Was für Kohlenstoffverbindungen da genau entstehen wage ich nicht zu mutmaßen.
jasminlucia
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Re: Obvara

Beitrag von jasminlucia »

Hallo, ich kenns als "mehlsuppentechnik" aus dem rakuvaria.
Da sind mehrere Seiten drüber geschrieben..
Wenn du möchtest kann ich sie dir fotografieren.
Liebe Grüße Jasmin
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mädchenkiefer
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Re: Obvara

Beitrag von mädchenkiefer »

jasminlucia hat geschrieben:Wenn du möchtest kann ich sie dir fotografieren.
Muss mich doch sehr wundern Jasmin, so etwas ist nicht erlaubt. :oooch:

tonfix hat geschrieben:Vielleicht weiß ja jemand Bescheid?
Hallo Tonfix,
Ich weiß auch nicht mehr als das aus dem Buch, das ich dir wirklich empfhehlen kann. :wink:

Hier kannst du das Buch kaufen.
http://www.amazon.de/Rakuvaria-2-Ine-Kn ... 9077266046
Gruß Heike

Es sind die Augenblicke die zählen - nicht die Dinge.
jasminlucia
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Re: Obvara

Beitrag von jasminlucia »

Ja Heike! Ist nicht erlaubt, manchmal hilft man dennoch gerne.
Dafür ist ja auch ein Forum da!
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Orion
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Re: Obvara

Beitrag von Orion »

Hallo, eine ausgewiesene Obvara Spezialistin ist "Marcia Selsor", die diese Technik auch unterrichtet. Sie hat in den USA als Dozentin für Keramik unterrichtet. Sie ist also in jedem Fall eine Expertin! Du kannst auf FB nach ihrer Seite suchen. Dort gibt es wohl auch eine Obvara Gruppe. Evtl googelst Du mal nach ihr. Sie hat auch eine Website. Ihre Obvara Keramik ist allerdings auch vom anderen Stern. Sicher könnte man sie auch für einen Workshop in D gewinnen, wenn denn genügend Interessenten da wären. Googel mal! Es lohnt sich wirklich!!!
Gruß Marion
Gruß Orion




Ja, man soll Birnen von der Ulme verlangen. Octavio Paz
tonfix
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Re: Obvara

Beitrag von tonfix »

Hallo!
und herzlichen Dank an Alle die hier so nett und ausführlich antworten!
Marcia Selsor kenn ich auch schon vom googeln...deshalb bin ich überhaupt auf Obvara gekommen : )
Bin halt nicht bei Facebook und wollt deshalb auf diesem Wege nach Geschichte, Herkunft und Gebrauchsmöglichkeiten fragen...
Danke Gasbrenner: wie immer sachlich kompetent! Kompliment!
Aber noch ne Frage.... dicht sind die Teile nachher dann aber nicht, oder? Und hat schon mal wer Dichtgebranntes für diese Technik verwendet?
Und wie siehts nachher aus? Könnt man das auch für Eßgeschirr verwenden?
Danke fürs Interesse! und
Alles Liebe!
Gasbrenner
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Re: Obvara

Beitrag von Gasbrenner »

Ich habe Zweifel an der Lebensmitteltauglichkeit der, bei dieser Technik so schön zu erzeugenden Kohlenstoffkrusten. Auch sind die beim Spülen wahrscheinlich nicht sehr beständig. Mir hat mal ein Unwissender eine Rakuschale in die Spülmaschine geräumt. Die hat da optisch ziemlich Federn gelassen. Ich kann mir schon vorstellen, dass man mit der Technik, wenn man rumprobiert, offenporige Keramik einigermaßen versiegeln kann.
Heutzutage überwiegt aber sicherlich der gestalterische Aspekt.
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Orion
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Re: Obvara

Beitrag von Orion »

Hallo,
diese Technik stammt ja aus dem russischen Bereich und es war damals eine Technik um genau diese Dichtheit zu erzeugen, da man damals es noch nicht beherrschte so hoch zubrennen. Ob sie das wirklich hält was sie verspricht, das muss man ausprobieren. Man schließt ja auch undichte "Künstlervasen" ;o))) damit, dass man sie in Milch einlegt. Ich stelle hier die reinen Daten aus FB ein:
Geschrühte Ware wird ähnlich wie Raku bis 899°C erhitzt .(Ich geh mal davon aus, dass dieser krumme Wert vom Umrechnen kommt und dass es 900 °C auch tun) ;o)))
Dann werden sie in die Hefe-Mehlmischung getaucht, bevor sie in Wasser schnell abgekühlt werden (Sturzkühlung).
Die Mixtur besteht aus 1,2 kg Mehl, 1-2 Paketen Trockenhefe, einem Esslöffel Zucker und ca 10 Liter Wasser. Diese Mischung wird gut durchmischt und bedeckt drei Tage lang zum Fermentieren stehen gelassen. Täglich mehrmals umrühren und warm halten.

Soll ein Gebrauchsobjekt gemacht werden muss die Schale oder das Gefäß ganz getaucht werden also auch innen!
Gruß Marion
Gruß Orion




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Orion
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Re: Obvara

Beitrag von Orion »

Hallo,
nochmal ein link aus der Obvaragruppe:
https://www.youtube.com/watch?v=EDc-FEd ... e=youtu.be
das soll (und das habe ich natürlich noch nicht probiert) ein flüssiges Dichtmittel sein, dass zur Lebensmitteltauglichkeit verhelfen soll.
Gruß Marion
Gruß Orion




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Orion
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Re: Obvara

Beitrag von Orion »

Hallo,
hier noch ein bisschen "input" Aber übersetzen musst Du bitte selber!
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23339540 it describes a formation of a water tight and resistant polymer between sodium caseinate (Casein) and sugar beet pectin. The complex forms best at low pH (that's the function of the yeast...to reduce the pH during fermintation) with an equal volume of casein and sugar beet pectin. It is "induced by thermal aggregation of caseiniate molecules resulting from stress acceleration at elevated temperatures."

Gruß Marion
Gruß Orion




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hille
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Re: Obvara

Beitrag von hille »

Ich persönlich hätte kein Problem damit, das für Lebensmittel zu benutzen.
Aber Gebrauchstkeramik würde ich aus dem Grund nicht so herstellen, weil die Stärken in meinen Augen in den künstlerischen Möglichkeiten liegen. :)
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Orion
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Re: Obvara

Beitrag von Orion »

Hallo, ich stimme Hille zu! Aber bei der gelegenheit kann man vielleicht die "Centro Tavola" das zierende Mittelstück der Tafel die repräsentative Schale wieder einführen, die eigentlich so ein wenig in Vergessenheit geraten ist! Die muss man ja auch nicht in den Spüler stellen.
Gruß Marion
Gruß Orion




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Gasbrenner
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Re: Obvara

Beitrag von Gasbrenner »

Das finde ich auch. Letztendlich sind alle Techniken um einen porösen Scherben abzudichten zwar historisch interessant aber technisch obsolet. Keine kommt hinsichtlich Haltbarkeit und Produktionssicherheit an Dichtbrand oder eine gut sitzende Glasur ran. Es gibt fast immer Veränderungen in der Farbe und/oder Ausblühungen. Einige Mittelchen sind gesundheitsschädlich oder nicht lebensmitteltauglich. Bei einigen ist die Beständigkeit anzuzweifeln.
Es ist natürlich interessant, alte Techniken im Sinne einer experimentellen Forschung nachzuvollziehen.

Orions Hinweis, solche Techniken vorrangig gestalterisch einzusetzen um damit wirklich hochwertige Dekoobjekte zu erschaffen, kann ich nur ganz dick unterstreichen.
tonfix
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Re: Obvara

Beitrag von tonfix »

Aber für zur Aufbewahrung von Obst oder Gemüse sollte es ja ok sein?...Lebensmitteltechnisch?
Ja ich experimentiere halt gerne ; )
Und natürlich leben wir nicht mehr in der Steinzeit, aber mal ein schönes Stück am Tisch stehen zu haben das man verwenden kann und nicht wie gewohnt in den Spüler stellt, sondern besonders behandelt- weil es was Besonderes ist, ist für mich etwas Erstebenswertes!
Oder seht ihr das anders?
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